Brände gehören zu den größten Risiken für die Kontinuität von Geschäftsprozessen. Neben unmittelbaren Sachschäden drohen langwierige Betriebsunterbrechungen, der Verlust von Unternehmenswerten und sensiblen Daten und nicht zuletzt ein erheblicher Imageschaden. Resilienz – also die Fähigkeit, Krisen zu überstehen und schnell wieder handlungsfähig zu sein – ist daher ein entscheidender Erfolgsfaktor für Unternehmen.
Moderne Brandschutzlösungen setzen dabei nicht nur auf schnelle Brandbekämpfung, sondern zunehmend auf vorbeugende Technologien wie die Sauerstoffreduzierung, um Brände gar nicht erst entstehen zu lassen.
Über die Bedeutung von Resilienz im Zusammenhang mit Brandschutz, die Folgen von Betriebsunterbrechungen und die Rolle präventiver Systeme haben wir mit Ralf Keck gesprochen, Insurance Relations Manager bei WAGNER.
Wenn wir über Resilienz sprechen – wie würden Sie diesen Begriff im Unternehmenskontext definieren, und welche Bedeutung messen Sie dabei dem Brandschutz bei?
Ralf Keck: Resilienz bedeutet für mich die Fähigkeit eines Unternehmens, auf unerwartete Ereignisse – seien es wirtschaftliche, technologische oder physische Risiken – vorbereitet zu sein und schnell sowie effektiv darauf reagieren zu können. Es geht darum, nicht nur Krisen zu überstehen, sondern gestärkt daraus hervorzugehen.
Brandschutz spielt dabei eine zentrale Rolle, denn Feuer ist eines der gravierendsten Risiken für die physische Infrastruktur eines Unternehmens. Ein Brand kann nicht nur Sachwerte vernichten, sondern auch Betriebsunterbrechungen verursachen, die massive finanzielle Folgen haben.
Insofern sehe ich den Brandschutz als integralen Bestandteil einer Resilienzstrategie – nicht nur als technische Maßnahme, sondern auch als Ausdruck einer Kultur der vorausschauenden Unternehmensplanung und -ausrichtung. Unternehmen, die hier proaktiv handeln, schaffen Vertrauen – sowohl bei Versicherern als auch bei Mitarbeitenden und Geschäftspartnern – und sichern so langfristig ihr Geschäftsmodell.
Welche typischen Folgen kann ein Brand aus Ihrer Erfahrung haben – insbesondere, wenn man über die direkten Sachschäden hinausblickt?
Ralf Keck: Aus meiner Erfahrung werden insbesondere die indirekten Auswirkungen oft unterschätzt – und genau hier zeigt sich die Bedeutung eines ganzheitlichen Risikomanagements.
In vielen Fällen kommt es zu Betriebsunterbrechungsschäden, die oft das 10-fache des eigentlichen Sachschadens ausmachen. Hierbei geht es nicht nur um lange Lieferausfälle, Verlust von Marktanteilen und Imageschäden, sondern auch um Kundenverluste bis hin zur Existenzgefährdung.
Reputationsschäden können zudem entstehen – insbesondere, wenn der Brand auf mangelnde Sicherheitsvorkehrungen zurückzuführen ist. Das kann sich langfristig negativ auf die Marktposition und die Versicherbarkeit auswirken.
Aus Sicht der Versicherungswirtschaft: Welche Gefahren bergen längere Betriebsunterbrechungen für Unternehmen?
Ralf Keck: Der unmittelbare Sachschaden, der beispielsweise durch einen Brand entsteht, ist in der Regel gut kalkulierbar und bleibt meist überschaubar. Deutlich komplexer und oft gravierender sind jedoch die Folgeschäden – etwa die Kontamination oder Vernichtung von Waren durch Rauch oder Löschwasser, Produktions- und Lieferverzögerungen sowie Reputationsverluste bei Kunden, Lieferanten oder sogar bei den eigenen Mitarbeitenden.
In vielen Fällen führt ein solches Ereignis auch zu längeren Betriebsunterbrechungen, die sowohl für den Versicherer als auch für den Unternehmer ein erhebliches Risiko darstellen. Der finanzielle Schaden übersteigt den tatsächlichen Brandschaden meist um ein Vielfaches.
Die direkten finanziellen Folgen – entgangener Gewinn und laufende Kosten – sind zwar zumeist über eine Betriebsunterbrechungsversicherung abgedeckt, allerdings ist das Restrisiko des Unternehmers noch erheblich und führt in vielen Fällen trotz der Leistung des Versicherers zu deutlichen Einbußen bis hin zur Insolvenz.
Die Gründe dafür sind vielschichtig. Beispiele hierfür sind
Aus versicherungstechnischer Sicht ist also neben dem Sachschaden die Dauer der Betriebsunterbrechung entscheidend. Daher müssen Versicherer und verantwortungsvolle Unternehmer großen Wert auf präventive Maßnahmen wie Notfallpläne, redundante Produktionskapazitäten oder alternative Lieferketten legen. Unternehmen, die hier gut aufgestellt sind, gelten als resilienter – was sich entsprechend positiv auf die Risikobewertung und Prämiengestaltung auswirken kann.
Moderne Brandschutzstrategien setzen zunehmend auf Prävention. Inwiefern können Systeme zur Sauerstoffreduzierung die Resilienz von Unternehmen nachhaltig stärken?
Ralf Keck: Sauerstoffreduzierende Systeme wie OxyReduct® senken den Sauerstoffgehalt in einem geschützten Bereich auf ein Niveau, auf dem sich Brände nicht mehr entwickeln können. Dadurch werden nicht nur der Ausbruch, sondern auch typische Folgeschäden wie Löschwasser- und Rauchkontamination oder eine zerstörte Infrastruktur verhindert. Das schützt die Lieferfähigkeit und sorgt für einen laufenden Geschäftsbetrieb.
Systeme zur Sauerstoffreduzierung sind daher ein Paradebeispiel für präventiven Brandschutz und stärken somit die betriebliche Resilienz.
Können Sie uns ein konkretes Beispiel nennen, bei dem eine frühzeitige Brandvermeidung größere Schäden – und damit auch lange Betriebsunterbrechungen – verhindern konnte?
Ralf Keck: Die Firma WAGNER entwickelt und baut seit nunmehr fast 30 Jahren Anlagen zur Sauerstoffreduzierung. Wir haben inzwischen über 1200 Anlagen errichtet, dies bedeutet, dass wir rein statistisch offenbar bereits etliche Brände in den letzten Jahren verhindern konnten.
Erfreulicherweise gab es noch keinen Brandschaden, denn dieser wird durch die Technologie quasi „im Keim erstickt“. Deshalb erhalten wir nicht immer Kenntnis davon, wenn beispielsweise ein Kabel durch elektrische Überspannung einen Brand hätte auslösen können.
Ein Kunde unseres Hauses mit einem hochautomatisierten Lager für empfindliche Elektronikkomponenten setzte auf unser Sauerstoffreduktionssystem. Die Lagerstruktur war dicht gepackt, die Wertkonzentration sehr hoch. Es kam hier zu einem technischen Defekt in einem Schaltschrank, der unter normalen Bedingungen zu einem Brand geführt hätte. Dank der stickstoffangereicherten Atmosphäre blieb es jedoch bei einem harmlosen Wärmestau – kein Feuer, keine Löschmittel, keine Betriebsunterbrechung.
Wie bewerten Versicherer präventive Maßnahmen wie die Sauerstoffreduzierung? Hat dies Einfluss auf die Risikoeinstufung oder sogar auf die Versicherungsprämien?
Ralf Keck: Versicherer bewerten präventive Maßnahmen wie die Sauerstoffreduzierung zunehmend positiv – insbesondere in Bereichen mit hoher Wertkonzentration oder kritischer Infrastruktur.
Diese Technologie wirkt sich bei den meisten Versicherern positiv auf die Risikoeinstufung und Versicherungsprämie aus. Entscheidend ist, dass die Systeme entsprechend anerkannten Standards – wie beispielsweise VdS oder FM Approvals – geplant, installiert und betrieben werden. Hier spielt die enge Zusammenarbeit zwischen Versicherern, Betreibern und Herstellern eine zentrale Rolle.
Unternehmer sollten deswegen neben dem Brandschutzingenieur auch ihren Versicherungsmakler und das Versicherungsunternehmen möglichst frühzeitig, am besten bereits in der Planungsphase eines Bauprojektes, einbinden. So wird sichergestellt, dass neben den landesbaurechtlichen Vorgaben auch die individuellen Interessen der Unternehmer und der Risikoträger abgedeckt werden. Dies führt im Vergleich zu einer späteren Anpassung nicht nur zu deutlich niedrigeren Kosten im Brandschutz, sondern festigt die kontinuierliche Partnerschaft zwischen Versicherer und Unternehmer und gewährleistet eine langjährige Versicherbarkeit.
In welchen Branchen oder Anwendungsbereichen sehen Sie das größte Potenzial für solche präventiven Brandschutzsysteme?
Ralf Keck: Präventive Brandschutzsysteme wie die Sauerstoffreduzierung bieten besonderen Schutz bei hoher Wertkonzentration, sensiblen Materialien oder kritischer Infrastruktur. Den Schwerpunkt bilden hier sicherlich automatisierte Lager, wie Tiefkühl- und Hochregallager, Kompaktlager mit AutoStore-Systemen aber auch Rechenzentren und Archive.
Geeignet sind diese Systeme daher besonders für die Bereiche Logistik, Pharma- oder Textilindustrie oder auch für sonstige sensible Waren oder hochwertige Güter wie Lebensmittel, Elektronikteile oder historische Artefakte, die vor Hitze, Rauch- und Löschwasser geschützt werden müssen.
Wenn Sie Unternehmen nur einen zentralen Rat zur Steigerung ihrer Resilienz im Bereich Brandschutz geben könnten – welcher wäre das?
Ralf Keck: Getreu dem Motto „Der beste Brand ist der, der gar nicht erst entsteht“ kann ich jedem Unternehmer nur empfehlen, sich intensiv mit der Brandvermeidung durch Sauerstoffreduzierung auseinanderzusetzen. Dabei handelt es sich um ein aktives Schutzsystem, das nicht nur kontinuierlich und aktiv präventiv wirkt, sondern dessen Schutzfunktion auch jederzeit nachweisbar ist.
Die Vorteile liegen auf der Hand. Insbesondere bei den gerade beschriebenen Einsatzmöglichkeiten kann ein Unternehmer die nicht unerheblichen Restrisiken, trotz Versicherung, damit deutlich reduzieren.
Resilienz entsteht durch ein ganzheitliches Verständnis des Risikos und durch die Bereitschaft, Verantwortung für den Schutz von Menschen, Werten und Prozessen zu übernehmen und dabei langfristig das eigene Geschäftsmodell zu schützen. Dies fängt bei der Brandvermeidung an!
Ob Rückfragen, Impulse oder Diskussionsbedarf – ich bin gespannt auf Ihre Perspektive und freue mich auf Ihre Kontaktaufnahme!